„Es geht nichts über ein Original“ INTERVIEW mit A. W. Schöps
Es ist immer wieder die Reaktion auf die Architektur, die sich in den Arbeiten abzeichnet. Innen – außen, gebaut – natürlich, Beton, Glas, Stahl stehen Pflanzen, Blumen, Grün gegenüber – oder daneben?
Im Interview mit deconarch.com berichtet A. W. Schöps, wie ihre Arbeiten entstehen, wie sich Themen und Motive entwickeln und wie ihr Hintergrund in der Innenarchitektur in ihre Kunst hineinwirkt.
all illus. (c) A.W.Schöps
www.a.w.schoeps-atelier.de
INTERVIEW
In Ihren CUTs fokussieren Sie den Blick des Betrachters in einer strengen Zentralperspektive auf architektonische Kontraste. Wie ist Ihr Arbeitsprozess: Gehen Sie konzeptionell vor oder „finden“ Sie Ihre Themen während des Arbeitens?
Die konzeptionelle Herangehensweise ist definitiv Kern meiner Arbeit, trotzdem lasse ich auf jeden Fall auch Spielraum für Ergänzungen und Überlegungen, die sich oftmals im Fortschritt einer Arbeit, in einer Werkserie auftun. An sich liegt aber eine übergeordnete Idee zugrunde, die ich über die CUTs im Material als Ausdrucksmittel ergänze – und möglichst verstärke. Deshalb arbeite ich auch auf und mit Holz, denn hier habe ich alle Möglichkeiten: sowohl filigranes Herausarbeiten (früher) als auch einfache, präzise Schnitte (heute).
In den letzten Jahren beschäftigen Sie sich viel mit Architektur und Natur. Wie entwickeln sich Ihre Motive hier?
Ja, ich leite unterschiedliche Arbeiten aus diesem Themenkomplex ab. Das können reale, faszinierende Architekturwelten sein, die ich mit großen üppigen und farbenprächtigen Blumenwiesen kombiniere und so versuche, diese unterschiedlichen Welten zu ergänzen oder sich gegenüberzustellen. Oder alte Hütten, längst vergessene Paradiese, die mit ihrem verfallenem Charme (noch) existieren: Lange standen diese Grundstücke im Bebauungs-„Visier“ (deshalb hier die CUTs). Mittlerweile sind es tatsächlich „nur noch“ stadtnahe Naturparadiese für alle. Mensch und Natur – kein „entweder oder“. Diesen Prozess versuche ich mit Malerei und Zeichnung dazustellen.
Auch hilft mir die Natur bei verschiedenen Arbeiten zur Untersuchung von gebauter Architektur: Die dynamische „Architektur der Bäume“ ist durch die Reduzierung im Holz als filigranes Gebilde sichtbar und ähnelt manch „natürlich“ Gebautem.
Wichtig ist mir zudem auch der Materialkontrast meiner Bilder zum Hintergrund- und Trägermaterial: Hier nutze ich fast ausschließlich hochglänzendes, farbloses und kratzfest beschichtetes Plexiglas, welches meinen Bildobjekten zusätzliche Leichtigkeit verleiht. Außerdem erreiche ich hiermit ein Licht- und Schattenspiel, oftmals über die Schnitttiefe hinweg.
Warum eigentlich der Titel CUT? Wie kommt es dazu?
Viele Betrachter meiner Bilder denken zuerst, es handle sich um Malerei auf Glas. Dass ich Teilbereiche aus Holz herausarbeite (in den „CutOuts“) ist das eine; bei meinen aktuellen Arbeiten sind es aber vor allem eindeutige, kurze „Cuts“. Deshalb benenne ich dies auch in den Titeln. Leider lässt sich auf Fotos bzw. in der digitalen Welt dieser Tiefencharakter meiner Arbeiten nur sehr schwer einfangen. Es geht eben nichts über ein Original!
Sehr gerne hätte ich eine Schreinerlehre gemacht; tatsächlich wurde es ein 12-monatiges Praktikum vor meinem Studium. Als ich dann vor vielen Jahren mit meinen ersten, collagenartigen Malereien begann, war klar, dass ich mit Schichtholz arbeite. Die Kombination mit dem Glashintergrund habe ich ebenfalls von Anfang an beibehalten.
Verraten Sie uns, wie eine Arbeit praktisch entsteht?
Aktuell arbeite ich an der Serie „CUT! – Nature Now“: Auch hier inspiriert mich das Thema Vergangenheit und Zukunft von Natur und architektonischen Landschaften ganz unterschiedlich. Einerseits die unterschiedlichen Ansätze, Natur im urbanen Lebensraum zu integrieren, während andererseits heftige Naturkatastrophen nebenan unsere Wälder kurzerhand bizarr zerstören: Der „Cut“ setzt die Grenze zwischen dem gewesenen Hier und verdeutlicht das Jetzt, kombiniert mit einer fiktiven Bebauungszeichnung im Hintergrund.
Ich arbeite parallel an meinen Werken: Sind die Ideen fertig skizziert, folgt die Vorlage auf dem gewählten, meist quadratischen Format für die Schnitte im Holz – oftmals sehr aufwendig gesägt. Natürlich wird auch geschliffen und gefeilt, alles grundiert und mit Acrylfarbe nun das Bild gemalt, welches sich schon längst, fast fertig, in meinem Kopf befindet.
Außerdem habe ich Skizzenbücher, an denen ich oft sogar täglich arbeite – Skizzen, Anmerkungen, Konzepte, Ideen … Manchmal gibt es auch nur ein Foto oder Thema und der architektonische Aspekt fließt später erst mit ein. Bevor ich dann tatsächlich meine Werke aus Holz zu bearbeiten beginne, hängen diese meist als 1:1-Zeichnungen – manchmal auch kombiniert mit Fotoausdrucken – an einer Wand, an der ich immer vorbeikomme, so dass ich sie laufend gedanklich überarbeite.
Sie sind von der Innenarchitektur zur Bildenden Kunst gekommen. Beeinflusst die fachliche Ausbildung Ihre Arbeit – und wenn ja, wie?
Da ich von der Innenarchitektur meinen Weg zur Bildenden Kunst gefunden habe, liegt mir die Konzepterstellung sehr nahe, ebenso das Spiel mit (Material-)Kontrasten, Licht und Schatten. Die architektonische Auseinandersetzung und die Faszination für Konstruktionen, Kombinationen und Verhältnisse sind von Anfang an gegeben und finden sich sicherlich auch immer irgendwie in meinen Arbeiten wieder.
Den Zusammenhang meiner Tätigkeit als Innenarchitektin, d. h. vor allem Lichtplanungen und Umbauten, und meiner jetzigen künstlerischen Arbeits- und Sichtweise möchte ich in meiner nächsten Werkserie gerne umsetzen: Die „Entstehung von neuen Räumlichkeiten“, eine Kombination von Baustellencharme mit einer großen Prise aufzubringender Geduld.
Wer inspiriert Sie? Gibt es Vorbilder?
Natürlich beschäftige ich mich nach wie vor mit dem Thema Architektur, bin auf dem Laufenden, lese online, Zeitschriften. Ich freue mich aber vor allem immer wieder, auch andere aktuelle „architektonische Bildwerke“, gemalt oder fotografiert, zu entdecken – und natürlich gebaute Architektur, mit viel Licht und Schatten. Die Bauhaus-Künstler, Richard Neutra, Carlo Scarpa und andere sind ebenfalls sehr inspirierende Quellen!
Aber Vorbilder in dem Sinne, nein … es ist meine ganz eigene Formensprache!
A. W. Schöps – herzlichen Dank für die Einblicke hinter die Kulissen Ihrer Arbeit!